Mich würde echt mal interessieren, wo du lebst. Sowas habe ich noch nie erlebt. Bei uns laufen die meisten Hunde auch frei und unangeleint rum. Aber nicht im Verkehrsbereich oder wo viele Leute unterwegs sind.
Die Hundehalter in unseren Kreisen (Rems-Murr-Kreis in Baden Württemberg) laufen mit ihren Hunden zum Gassi immer an den Stadtrand (oder fahren dorthin) um den Hund dort mit Artgenossen toben zu lassen. Nur die alten Rentner, die nicht mehr so gut zu Fuß sind und junge Mädels mit ihren Paris-Hilton-Accessoires sieht man nur in der Stadt. Alle richtigen Hundehalter sieht man mit Hund selten innerhalb der Ortschaft laufen.
Die Probleme, die du zu Beginn beschreibst, dass manche Leute plötzlich Spezialisten werden: dieses Verhalten wirst du bei den verschiedensten Themen wiederfinden. Sprich doch mal ein bisschen über Politik oder Thema George W. Bush. Was meinst du wieviel Wissen da plötzlich auftaucht. Oder zum Thema Religion. Da wissen plötzlich alle möglichen Leute was in Bibel/Koran/Thora steht oder nicht steht, ohne sie wirklich gelesen zu haben. Oder nimm das Thema Weltwirtschaft oder Finanzkrise. Aktuelle Themen. Da wirst du noch viel mehr Spezialisten finden.
Das nennt man einfach nur "gerne im Mittelpunkt stehen". Und im Mittelpunkt steht man besonders gut, wenn man der Cleverste der Runde ist.
Für vorausschauendes Gassi gehen muss ich meinen Hund nicht an der Leine haben. Wenn der Hund gut erzogen ist und nicht zu weit weg gelassen wird, wie man hinterher kommt, kann man genauso gut vorausschauend unterwegs sein.
Diejenigen Leute, die aber auf ihr Umfeld auf gut deutsch schei**en und ihre Hunde selbst in größeren Menschenmengen oder auf gut besuchten Spazierwegen oder auf Fahrradwegen laufen lassen, sind einfach asozial. Die kann man aber nicht auf die Mehrheit der Hundehalter umstülpen.
In jedem Kreis scheint es anders zu sein. In unseren Kreisen sind es die Radfahrer, die extrem rücksichtslos sind. Nicht nur, dass sie rasen, wie wenn sie auf der Tour de France unterwegs wären. Familien mit Kleinkindern die im Park ihren Sonntagsspaziergang bei schönem Wetter machen, werden genauso beleidigend beim vorbei fahren angegangen, wie Hundehalter, die in dafür freigegebenen Bereichen ihre Hunde frei springen lassen. Da scheint es zu viel verlangt zu sein, dass sie einige Meter vorher klingeln und man noch Zeit hat Platz zu machen. Nein - sie kommen mit 30-40kmh angerast, klingeln wenn überhaupt 2-5 Meter vorher und verlangen, dass alle zur Seite springen. Und ob da nun ein Hund noch im Weg steht oder ein Kleinkind, ist denen schnurzpiepegal. Da wird dann noch gemotzt und geschumpfen. Keine Eier in der Hose stehen zu bleiben und sich Angesicht zu Angesicht zu streiten, sondern schnell weiter fahren.
Wer seinen Hund aber so weit weg laufen lässt, dass er ihn nicht mehr in Sicht- und Rufweite hat, ist schlicht verantwortungslos. Mal abgesehen davon, dass sein eigener Hund Schaden anrichten könnte, kann auch dem Hund selbst was passieren.
Tierliebe und sozialer Charakter hängen oft miteinander zusammen. Aber nicht zwangsweise. Das heißt also, nur weil ich tierlieb bin, bin ich zwangsweise auch sozialer als alle anderen. Es ist schon richtig, dass tierliebe Menschen häufig auch sozialer sind. Aber nicht zwangsweise und immer. Jede Regel wird von Ausnahmen bestätigt.
Wenn du von Leuten sprichst, die ihre Tiere loben und denen ihr Hund mehr wert als ein Menschenleben ist, dann solltest du diese persönlich fragen, warum sie sich nicht einen Fetzen um hilfsbedürftige Kinder kümmern. Mich würde im gleichen Zug interessieren, ob du dich kümmerst. Und wenn ja, in welcher Form. Nur in Form von Mitgefühl oder auch in Form aktiver oder passiver Hilfe. Musst du nicht beantworten. Solltest du nur mal im Kopf haben.
Ich persönlich kenne sehr sehr viele Menschen, die gleichzeitig im Tierschutz und auch in Kinderhilfe aktiv sind. Ob es sich nun um den eigenen Umkreis handelt in Form von ehrenamtlicher Hilfe im Kindergarten oder für ein Waisenheim und Teilnahme an Flohmärkten für gute Zwecke, Weihnachten im Schuhkarton (google mal) oder diverse andere Dinge. Diese Menschen sind hier für andere Menschen aktiv, obwohl sie gleichzeitig ihre Tiere über alles lieben und auch im Tier- und Umweltschutz extrem aktiv sind und sich für Rechte der Tiere einsetzen. Das eine schließt das andere schließlich nicht aus. Jemand, der sich nur für Tiere einsetzt und dem Menschenleben egal sind, gibt es natürlich auch. Leider. Aber genauso die andere Seite. Menschen, denen Menschenleben wichtig sind, die aber für ein Tierleben keinen Finger krumm machen, auch wenn es sie keine große Mühe kosten würde, einem Tier was gutes zu tun.
Ich finde beide Extreme bemitleidenswert. Ein Mensch, das Unterschiede zwischen Tieren und Menschen macht, verpasst was im Leben!
Dass viele Menschen ihre Hunde und auch andere Tiere aus Prestigegründen halten, ist auch nicht unbekannt. Kann man nur dadurch erklären, dass sie mit Hilfe eines Hundes ihre eigene Unzulänglichkeit versuchen zu verbergen.
Menschen, die ein Prestigeobjekt benötigen, sind ebenso bemitleidenswert.
Das findet man aber nicht nur bei Haustieren. Am häufigsten findet man das unter Autobesitzern. Je dicker und fetter mein Auto, umso besser. Wieviele Männer identifizieren sich über ihren Sportwagen oder ein Motorrad?
Oder ein Haus, eine toll eingerichtete Wohnung, ein Flachbildschirm in Übergröße, ein toller Partner (Mann oder Frau egal) mit super Körpermaßen, wenn möglich noch Modell (wenn auch nur Füße....). Oder der eigene Job. Wieviele sind stolz und prahlen mit ihrem Job, wenn sie eine Führungsposition haben oder Mitarbeiter des Monats sind?
Das sind Leute, die einfach irgendwas brauchen, mit dem sie prahlen können.
Bei manchen ist es eben der super teure Rassehund mit zig Pokalen im Hundesport.
Ich kenne eine Frau mit einem angeblich 10.000 Euro Weimaraner. Der ist wohl so teuer ausgebildet worden. Dennoch bleibt dieser Hund nicht im Platz, solang sie es nicht wie ein Gebet dauernd aufsagt. Der Hund löst selbständig Kommandos, kommt erst bei 10. im Militärjargon gebrüllten "Hiiieeerrr!!!!" und muss einen Nylonmaulkorb tragen, weil er Jogger und Radfahrer schnappt. Was für ein 10.000Euro-Hund....
Mein Hund ohne bekannten Stammbaum aus Griechenland oder mein Gendefekt-Mischlingshund hören beim ersten oder max. zweiten leisen Hier und tun keiner Fliege was zu leide (okay, unsere Rosa schnappt nach Fliegen :-) ).
Das ist aber alles reinste Psychologie. Das Beispiel mit dem Hundeplatz, das du brachtest, kann man gut auf einen Arbeitsplatz umstülpen.
Wer hat noch keinen neuen Job angetreten? Alle am Anfang total nett und freundlich. Und irgendwann geht es los mit dem Konkurrenzgehabe. Man könnte ja an ihrem Stuhl sägen.
Hundesportler neigen leider sehr häufig zu Ehrgeiz. Sie wollen gerne die besten sein. Besonders diejenigen mit teuren Rassehunden. Und ganz besonders diejenigen, die immer wieder gerne auf den Stammbaum des eigenen Hundes verweisen.
Aber das trifft glücklicherweise nur auf wenige Sparten des Hundesports zu.
Ich kenne viele Hundesportler, die mit Spaß und Freude bei der Sache sind und denen es egal ist, ob sie nun gewinnen oder nicht.
Manche der Hundesportler die ich kenne, treten sogar freiwillig in den Stufen zurück. Beispielsweise im Dogdance, dass sie nicht in die Profigruppe eintreten, sondern weiterhin unter "Fun" im Wettbewerb auftreten.
Ehrgeiz gehört nicht in die Beziehung zwischen Mensch und Hund. Das hat da nichts verloren.
Genausowenig wie Ehrgeiz in einer zwischenmenschlichen Beziehung was verloren hat. Wieviele Ehen sind an sowas zerbrochen?
Und wieviele Hundeseelen, die extrem gefordert wurden um immer besser zu werden....